Mosaic - Heimatspuk
Review

Mosaic - Heimatspuk

Wir haben wieder ein neues Werk von Mosaic auf dem Teller und wissen nicht, ob wir überhaupt Besteck brauchen. Oder nehmen sollten? Oder, ob man es überhaupt essen kann? Wer Martin Von Valkenstijn und das Projekt kennt, weiß schon, dass er für dessen Musik keine Schublade finden wird, da diese schlicht nicht existiert.

  • von Ghostwriter
  • 23.02.2022

Komplex, ausschweifend, experimentell und trotzdem so vertraut klingt das neue Album "Heimatspuk“, das dieses Mal praktisch ausschließlich aus der Feder des Thüringers aus Gotha stammt. Im Vorgeplänkel wurde uns versprochen, dass der eher für Neofolk bekannte Künstler wieder mehr in Richtung Black Metal gehen würde, was wir an dieser Stelle vorweg wirklich nur bedingt unterschreiben würden. Möchte man überhaupt die Kreativität aus etwas nehmen, in das von den „Fans“ so unterschiedlich eng definierte Genre stopfen, nur um sich selbst zu limitieren? Eben!

So ist "Heimatspuk" insgesamt ein sehr interessantes und facettenreiches Werk geworden, das sich für 10 Tracks auf CD (je nach Edition mit 6 weiteren Tracks auf dem Tape) über 50 Minuten in die Gehörgänge legt. Die Präsentation des Outputs ist wieder äußerst gelungen und an sich bereits ein Kunstwerk. Der Perfektionist Valkenstijn hat dazu extrem viel Wert auf Lyrics und Grafiken gelegt, so ist jeder Song in sich ein eigenes Gedicht - und diese werden im üppigen Booklet mit Illustrationen von Yannie Aust (Urzeitkraft Illustrationen) mitgetragen, während das Albumcover von Irrwisch Art Design gestaltet wurde.

Direkt die ersten beiden Tracks "Wir Sind Geister" und "Die Alte Straße" dürften die Hörerschaft scheiden und für Mosaic gilt weiterhin: Es scheint für viele Hörer oft nur Liebe oder Hass zu geben und ein Mittelweg kann hier nur bedingt entstehen - doch wieso eigentlich? Warum sind nicht beide Aspekte des Schaffens von Herrn Valkenstijn gleichwertig genießbar? 

Das Intro zum ersten Song könnte direkt am Heimatabend von der örtlichen Volkstruppe eingespielt worden sein, bevor uns Martin mit seiner verrauchten, beinahe stöhnenden und genauestens betonenden Stimme als Markenzeichen darauf hinweist, dass der wilde Ritt nun losgeht, und wir ein sphärisches, treibendes Wechselspiel aus Gitarren und Drums präsentiert bekommen, zu dem Martin im Sprechchor-Singsang begleitet. Zweiterer Song beginnt wie ein Instrumental und wirkt wie ein sanft geschwungenes Öl-Gemälde, das von Valkenstijn beschrieben bzw. besungen und mit Natur-Soundeffekten unterstützt wird. "Teufelsberg" ist der erste Track der härteren Gangart und beginnt mit einem harten Schrei und sogleich einsetzenden schnellen Riffing, sowie Blastbeats aus der Hölle, die von abwechselnden Screaming-Einlagen und Klargesang mitgetragen werden. Der perfekte Soundtrack für eine gewalttätige Walpurgisnacht! "Hullefraansnacht" wiederum dürfte den Mosaic-Fans bereits bekannt sein, wurde der Song doch in leicht abgewandelter Variante bereits 2020 auf Youtube veröffentlicht. Er lebt von in Stakkato-Manier vorgetragenen und übereinandergelegten Spracheinlagen und einer sphärischen langsamen Hintergrundmelodie. Ein weiterer mehr in die BM-Richtung gelegter Song ist "Nordwaldrauch“, welcher mit einem einfachen Riff und einer Soundwand beginnt, bevor er mit sphärisch-verzerrten Klängen und treibendem Drumming den Raum bzw. die unendliche Leere öffnet - passend dazu wiederum die feinen Lyrics:

"Hoch und höher auf Felsgesteine, hoch hinauf ins Ewig-Eine!
Erhebt euch aus Traumversunkenheit
und atmet ein den Hauch der Ewigkeit.
Gütig alter Weltengeist, nimm von uns den Staub der Zeit.
So steh‘ nun auf oh Menschenkind und weh‘ hinfort im Weltenwind."

Ein weiteres grandioses Stück stellt "Unterhulz Zoubar“ dar, das im Grunde ein Zwiegespräch zwischen zwei Protagonisten darstellt, die sich jeweils immer zwei Sätze zuspielen bzw. einander antworten, jeweils unterstützt von einem Klanggewand, das am Anfang mal mit treibenden Drumming und Riffing, zur Mitte hin mit klagenden Singsang und schweren Paukenschlägen zu einem fulminanten Ende kommt, das den Kreis schließt. Fast versöhnlich endet das Werk mit "Tief Verschneit Die Ganze Welt“, einem entspannten Post-BM-Klangwerk ohne Gesang und wiederum Naturtönen aus Wind, Schneefall und sphärischen Sprenkeln.

Trackliste:

01. Wir sind Geister 
02. Die alte Straße 
03. Teufelsberg 
04. Hullefraansnacht 
05. Blutnelke 
06. Der Köhlerknecht 
07. Nordwaldrauch 
08. Heilstatt
09. Unterhulz Zoubar 
10. Tief verschneit die ganze Welt (Bonustrack)

8.5
PUNKTE
Bewertung

"Heimatspuk" ist genau das, was es suggeriert: Ein schunkelnder Heimatabend, auf dem ein paar ungebetene Gäste einigen Rabatz veranstalten und Gedichte und Märchen in schwarzmetallischer Prosa vortragen, nur um im nächsten Moment etwas gemäßigter die Schönheit und Grausamkeit des Seins und der Natur zum Besten zu geben. Jeder Song ist ein durchdachtes Kunstwerk und benötigt einige Aufmerksamkeit, was kein schnelles „Durchskippen“ erlaubt. Auch dieses fulminante Werk wird seine Fans finden!

Band

  • Mosaic

Album Titel

  • Heimatspuk

Erscheinungsdatum

  • 22.04.2022
Ghostwriter

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