26.08.2023 - Schwarzmetall über'm Miriquidi 2023, Waldbühne Cunersdorf + Nargaroth + Countess + Heimdalls Wacht +++
Review

26.08.2023 - Schwarzmetall über'm Miriquidi 2023, Waldbühne Cunersdorf + Nargaroth + Countess + Heimdalls Wacht +++

Das wilde Erzgebirge. Zerklüftete Landschaft, funkelnde Schätze in der tiefsten Teufe und dunkle Wälder Rahmen das Schwarzmetall Über'm Miriquidi ein, das zum inzwischen 4. Mal auf der Waldbühne Cunersdorf bei Annaberg-Buchholz stattfand. Das ausverkaufte Event darf sich zu Recht „Underground“ nennen und wird von einer Gruppe sehr dedizierter Schwarzmetallfans für eben jene organisiert.

  • von Phil
  • 07.09.2023

Als alte Undergroundveteranen können wir, die wir zum ersten Mal selbst mit einem kleinen Team vor Ort waren sagen, dass obwohl das Event noch recht neu ist, schon eine Professionalität aufweist, die sich sehen lassen kann. Fressstände satt mit einer sehr großen Auswahl verschiedener Gerichte, eine kleine Merchmeile mit Kleinkunst, Vinyl, CDs, Patches (die man sich bei Bedarf auch von einer versierten Näherin hat aufnähen lassen können) und auch einer kleinen Klamottenauswahl, luden zum füllen der Bäuche und leeren von Bierbechern und Geldbeuteln ein. Erwähnenswert an der Stelle vielleicht auch, dass die Organisatoren selbst mit einer Best-Of Vinyl, Patches und eigenen Pins die Fahne hochhielten. Das Gelände nutzte den Theater Aufbau mit der Bühne im Zentrum und der Infrastruktur der Sitzplätze im Halbrund drumherum optimal. Die leicht erhöhte Position des Gelände um die Bühne ermöglichte eine exzellente Sicht aus fast jeder Perspektive und man konnte die Musik maximal genießen.

Nachdem wir uns so richtig eingefunden hatten und auch schon den einen oder anderen Schnack mit altbekannten Menschen aus allen Ecken der Republik geführt hatten (gefühlt ein echtes Familientreffen), war es Zeit für die erste Band.

Den Anfang machen Iron Kindl Pest, die die langsam einlaufende Meute pünktlich um 13:30Uhr mit ihren auf krawall gebürsteten Klängen empfingen. Die Berliner selbst bezeichnen ihren Musikstil als Black n' Roll und rotzten, noch bei Kaiserwetter, munter vor sich hin. Mich erinnerte die Mischung eher an Blackened Thrash, der hier und da ein paar Anleihen an Motörhead und Venom eingeimpft bekam, was für den Startschuss eigentlich genau das Richtige war. Leider war vor der Bühne noch zu wenig los um richtige Stimmung aufkommen zu lassen, obwohl das Trio deutlich Spielfreude zeigte.

Auch Frantic Agressor kamen eher zögerlich in Fahrt. Der adäquate Ersatz für Suizid, die leider im Voraus dem Schwarzmetall über'm Miriquidi absagen mussten, polterte los und feuerte eine Salve nach der anderen in die stetig wachsende Menge. Als Frontmann und Bandkopf gesellt sich kein Unbekannter zu den Berlinern, denn “Discrimination“ kennt man natürlich auch von Ad Mortem und als Teil der UTBS Organisatoren. Neben Stücken von ihrer Demo “Alpha Strike“ und Songs der Debütscheibe “Land Mine Logic“ wurde auch neues Material zum Besten gegeben. Langsam fing die immer größer werdende Menge an aufzutauen, doch noch war Zurückhaltung und Kehle anfeuchten angesagt.

Dies änderte sich erst wirklich bei Lebenssucht, die vor einer deutlich gewachsenen Zuhörerschaft ihr Set begannen. Die Band besteht aus einer Mischung aus belgischen, französischen, österreichischen und deutschen Musikern, die das Publikum zwar emotional zum absoluten Gefrierpunkt brachten aber ihnen die ersten Begeisterungsstürme entlockten. Hier erlebten wir Depressive/Atmospheric Black-Metal vom feinsten mit zahlreichen Stücken ihres Debütalbums “-273,15°C“, mit dem die Truppe um Frontfrau S. Caedes 2020 einen sensationellen Start hingelegt hatten. Und auch Live begeistern Lebenssucht und ernteten für ihren Auftritt viel Beifall und Lobbekundungen der Besucher.


 

Danach konnte auch Carpathian Wolves überzeugen und die Stimmung nochmals steigern. Mit ihrem im letzten Jahr veröffentlichten Debütalbum “Ginnungagap“, das pünktlich zum Schwarzmetall über'm Miriquidi via Dominance of Darkness auch als Vinyl erhältlich war. Der Nordrhein Westfälische Vierer begeisterte schon auf Scheibe und konnte auch im Erzgebirge auf der Bühne ordentlich abliefern. Besonders gut sind mir “Varus Untergang“ und das anschließende Isengard Cover “Landet og havet “ in Erinnerung geblieben. Ein mehr als gelungener Auftritt der Aachener der noch trocken, aber unter einem leider bedrohlich zuziehenden Himmel stattfand.

Auf die Wölfe folgte mit Hån, eines der persönlichen Highlights des Festivals und sollte nicht enttäuschen. Neben den gewohnt starken Meisterwerken der ersten beiden Alben gaben die Eidgenossen aus Basel viele Stücke des neusten Albums “Conquering Magnificent Halls“ zum Besten. Vor allem Sänger Gnist gab alles und nagelte mit seinen wilden Blicken und seiner Publikumsnähe die Zuhörer buchstäblich an die Wand. Die geschah unter Anderem mit “Rupture in the Womb of Souls “, das beim Publikum sehr gut ankam und die geballte Energie der Band perfekt transferierte (was ihr auch auf dem Undergroundedtube als Video-Mitschnitt finden könnt). Aber auch “Zucht ohne Ordnung“ oder “Levitating Flames“ wusste zu gefallen und macht immens Bock auf die neue Scheibe der Schweizer.

Nachdem der Regen bereits die letzten beiden Songs von Han eingesetzt hatte, enterten anschließend Heimdalls Wacht nach 5 jähriger Live-Abwesenheit endlich wieder die Bühne um ein wenig Westfälischen Schlachtenlärm zu zelebrieren. Mit gleich zwei neuen Mannen am Gesang zogen, sie der Feuchtigkeit von oben zum Trotz, das zahlreich versammelte Publikum buchstäblich in ihren Bann und ernteten jede Menge Beifall für ihre lang ersehnte Rückkehr auf die Bretter, die die Welt bedeuten. Vielleicht der massiv gefüllten Bühne geschuldet, die die Aufmerksamkeit der Fans gnadenlos einforderte, tat besagter Regen dem geselligen Treiben vor und auf der Bühne keinen Abbruch und machte den Auftritt von Heimdalls Wacht für viele zu einem weiteren Highlight des Abends.

Echten Legendenstatus haben die nachfolgenden Countess schon seit einiger Zeit erreicht, denn die alteingesessene Band um Frontmann Orlok treibt schon seit 1992 ihr Unwesen. Die Niederländer kredenzten der wirklich zahlreich ausharrenden und dem Regen immer noch trotzenden Menge ein Oldschool Set, das sich gewaschen hatte. Wer die Band kennt weiß natürlich, dass man hier Hochgeschwindigkeits Black Metal vergebens sucht und auch die Vocals eher gewöhnungsbedürftig sind, welche eher an andere Genrevertreter, wie zum Beispiel Cirith Ungol erinnerten. Doch wer die etwas andere Kost zu schätzen wusste, der bekam hier definitiv einen echten Leckerbissen vorgesetzt. Mit wenigen Ausnahmen wurden überwiegend Stücke aus ihren 90er Alben abgefeuert, was bei den Zuschauern sehr gut ankam. Neben “The Priest must Die“, “Aleidis“ und dem mit Klavier Intro wirklich bombastisch inszenierten “The Wrath of Satan's Whore“ konnte Countess mit weiteren Oldschool Hymnen wie “Chapel of Doom“ dem abschließenden “Hell's Rock & Roll“ das Publikum bei Laune halten und ernteten dafür den mehr als gerechten Lohn. Mit viel Beifall verabschiedete sich das Erzgebirge von Countess und machte sich dann für das letzte Gefecht bereit.

Zum krönenden Abschluss beehrten dann Nargaroth das Schwarzmetall Über'm Miriquidi und nach kurzer Verzögerung durch Umbauarbeiten startete Ash mit seiner Mannschaft durch. Etliche Klassiker wie “Erik“, “Abschiedsbrief des Prometheus“, “The Day Burzum killed Mayhem“ oder “Black and Blasphemous Death Metal“ wurden zum Besten gegeben. Auch “Hunting Season“ fand den Weg in die Setlist und natürlich durften auch “Black Metal ist Krieg“, “Possessed by Black Fucking Metal“ und “Seven Tears are flowing down the River“ nicht fehlen. Zwischendurch gab es auch immer mal wieder eine kurze Ansprache von einem fast emotionalen Ash, der erkennbar Freude hatte, wieder in heimatlichen Regionen aufzutreten und auch die sich inzwischen verzogenen Regenwolken taten ihr Übriges die Reihen vor der Bühne zum Bersten zu bringen. Als Sahnehäubchen coverten Nargaroth als letzte Zugabe noch den Impaled Nazarene Klassiker “The Horny and the Horned“ vom berühmt, berüchtigten “Ugra Karma“ Album und brannten so ein echtes Feuerwerk auf der Bühne ab, was die Crowd in sichtliche Raserei und fast schon Entrückung trieb.

So ging das vierte Schwarzmetall Über'm Miriquidi zu Ende und wir begaben uns nach diesem mehr als gelungenen Event zurück in die heimatlichen Gefilde. Die durchweg positiven Eindrücke, die sich eingebrannt haben, schreien bereits nach Wiederholung!


 

PUNKTE
Bewertung
Phil

To the Bone!!!

+