05.12.2023 - EU TOUR 2023, Turock Essen - Misþyrming + Darvaza + Helleruin + Wrang
Review

05.12.2023 - EU TOUR 2023, Turock Essen - Misþyrming + Darvaza + Helleruin + Wrang

Ende November startete ein wahrlich höllisches Band-Package unter der Standarte von District 19 seine Europa-Tour: Die Isländer Misþyrming, das furiose Projekt Darvaza, sowie die beiden niederländischen Truppen Helleruin und Wrang bildeten eine verruchte Quadriga und machten auf einigen Terminen in Deutschland Halt. Wir hatten die Ehre beim Ruhrpott-Termin in Essen zu Gast sein zu dürfen.

  • von Haimaxia
  • 13.12.2023

Zunächst mal muss man festhalten, dass ein Tourpaket mit diesen vier Bands reines Dynamit darstellt - was District 19 hier geschnürt haben, darf man mit Fug und Recht eine Momentaufnahme des stärksten Black Metals der jüngeren Zeit nennen, nicht nur, da die vier Hausnummern den Underground seit einigen Jahren ordentlich zum Kochen bringen, sondern auch, weil die vier Bands für Besucher diverser Festivals dieses Jahres unangefochtene Highlights markierten - so auch für unser Team: Nicht nur durften wir die Isländer Misþyrming erst im Februar auf unserer alljährlichen Expedition nach Estland beim Howls of Winter erleben, auch das belgische Throne Fest ließ die Band auf ihrer Bühne auftreten und diese hypnotisierten meisterhaft ihre Besucher. Dort gab es auch schon eine erste Kostprobe auf die verrückten Niederländer Wrang, die mit ihrer Black Metal-Punk-Attitüde schon dort die Bühne zerlegten. 

Darvaza waren schon vor der Corona-Pandemie mit ihren Brüdern aus Island auf gemeinsamer Tour und hatten uns bereits 2019 begeistert - zudem waren sie dieses Jahr starke Einträge in den Billings des Dark Easter Metal Meetings in München und des Under The Black Sun Festivals und stellten dort so manch einen vermeintlichen Headliner in den Schatten. Frontmann Wraath fiel unter anderem Anfang Oktober mit einem im Kontext politischer Entwicklungen im Nahen Osten bemerkenswerten und aufgrund der Symbolwirkung besonderen Fotoshooting in Corpsepaint auf der Via Dolorosa in Jerusalem auf, welches entstand, als die Band nur wenige Tage vor der Eskalation in Israel und dem Gazastreifen auf dem Black Night Sorceries Festival in Tel Aviv gastierte. Zu den drei Bands gesellten sich zudem noch die ebenso wie Wrang aus den Niederlanden stammenden Helleruin, welche mit ihrem jüngsten Album “Devils, Death & Dark Arts” dieses Jahr den Vogel abschießen konnten, gewiss in vielen Top-Listen der besten Alben des Jahres landen werden und wir bereits auf dem Black Hole Fest Germania in der Balver Höhle in voller Power erleben durften, wo sie sogar den Freitagsheadliner stellten.

Mit halbstündiger Verzögerung traten zunächst Wrang auf die Bühne des Turock und hatten von erster Sekunde an Vollgas gegeben: Mit “Domstad Svarte Metael” als Opener präsentierten die Derwische aus Utrecht ihr gleichnamiges Longplayer-Debüt-Werk von 2019, ihr letztes Album “De vaendrig” mit dem rasanten und mitreißenden “Doodgeslagen onschuld”, sowie “Afgunst”. Kurz vor der Tour releasten die Niederländer noch mit “Haatspraak” einen neuen Song, der mit seinen giftigen Vocals die Crowd gut hatte aufwärmen können. Man muss auch kurz betonen, was Fronter Galgenvot, der auch schon durch viele andere Projekte wie u.a. Nevel, Sarastus und WesenWille bekannt sein dürfte, für eine Rampensau ist! Man muss die hässliche Auf-die-Fresse-Attitüde von Wrang einfach lieben - aber das kann man natürlich nur, wenn man seinen Black Metal gerne mal ungeschliffen, morbide, unsauber und verdorben serviert bekommt!

Wrang / Frida Nordlys

Helleruin waren als zweiter apokalyptischer Reiter des Abends nicht zimperlicher und hauten ebenfalls einen Brecher nach dem anderen heraus - man lieferte einen guten Rundumschlag über alle bisherigen Veröffentlichungen und spielte Stücke vom Debüt “War Upon Man” -man muss es hier deutlich sagen: “No Light Shines Through” ist eine Bestie von einem Black Metal-Stück- sowie auch einige Songs von der aktuellen Platte “Devils, Death & Dark Arts” und auch das starke “Invincible” von der Split mit De Gevreesde Ziekte. Carchost betreibt das Projekt in Eigenregie und schart für die Live-Performances einige talentierte Musiker um sich, darunter auch Drummer D.S., der zuvor schon bei Wrang das Schlagwerk malträtierte. Er selbst ist auch eine Persona, die mit grimmiger Mimik und Gestik, allerhand Drohgebärden, akrobatischem Umgang mit Mikroständern und erratischem Umherwandern auf der Bühne auffällt, rastlos in die Darbietung vertieft und offenbar für die Bühne geschaffen. Der Gig endete mit dem apokalyptischen “The Flame Still Burns Within Me”, mit dem der Kopf hinter der Band untermauert, dass er dem vordergründig unbedarften Black Metal-Rausch von Helleruin auch eine starke poetische Facette hinzufügen kann, und dann mit dem vergleichsweise kurzen Dreiminüter “Faces of War”, welches damals auf der 2016er Demo den Anfang des Projekts einläutete. 

Helleruin / Frida Nordlys

Darvaza mit Frontmann Wraath hatten streng genommen keine großen Überraschungen in den Abend gebracht - dennoch konnten sie ihr hohes Niveau, welches sie mit anderen Auftritten dieses Jahr schon an den Tag gelegt hatten, definitiv halten und in der Club-Kulisse des Turock durchaus toppen. Multi-Instrumentalist Gionata “Omega” Potenti, der Tausendsassa hinter Namen wie Nubivagant, Chaos Invocation, Deathrow und Liber Null, und Wraath, ebenfalls bekannt als Gitarrist bei Behexen, sowie von anderen Projekten wie Fides Inversa, Ritual Death, Mare und Beyond Man, bringen dabei tonnenweise Expertise mit - und diese entlädt sich in atemberaubender Manier bei den Konzerten von Darvaza. Obwohl in diesem Ensemble neben mehreren, schon alleine herausragenden EPs aus den Jahren 2015 bis 2018 erst ein einziges, richtiges Album im vergangenen Jahr erschien (“Ascending Into Perdition”), wirkt es beinahe so, als gäbe es die Formation schon jahrzehntelang. 

Unbequem, beklemmend und bedrohlich bohrend kommen Stücke wie “Towards The Darkest Mystery” mit seinem “I am what I am - and I am fire”-Refrain daher - aber auch der aggressive Album-Opener “Mother of Harlots” oder Stücke der ersten EP “The Downward Descent” wie “Derelict of Passion” und “The Barren Earth” sind hier als verflucht starke Momente des Gigs zu nennen. Ähnlich wie bei den Männern am Mikro zuvor kann man betonen, wie sehr sich Wraath hier in eine Trance sang und spielte - und dann fliegt auch schonmal eine leere Bierflasche in Richtung des Treppenaufgangs zur Bühne, man greift energisch an Kopf und Haarpracht seines mitgrölenden Publikums und mit einem Schluck Bier oder Wasser wird der halbe Saal geduscht. Diesen Hochkaräter muss man live sehen!

Darvaza / Frida Nordlys

Misþyrming als Grande Finale sind nicht erst mit ihrem herausragenden 2022er Album “Með hamri” in aller Munde - schon als ihr Debüt “Söngvar elds og óreiðu” in den Äther geworfen wurde und im Underground die Links umhergeschickt wurden, war klar, dass dies hier die Speerspitze des isländischen Black Metals werden würde und nicht anders ist es ja auch gekommen. Das Quartett schafft es eine dichte Atmosphäre zu erzeugen und sein Publikum wahrlich in den Fluten ihrer inhärent melancholischen und doch vollkommen bombastischen Musik zu ertränken. Stücke wie das ausufernde “Orgia” schraubten die Intensität von Anfang an auf ein hohes Level, genau wie kürzere Brecher wie Fan-Favourite “Söngur heiftar”. 

Eine schöne Überraschung auf dieser Tour war wohl ein Cover des One Tail, One Head-Songs “The Splendour of the Trident Tyger” (ebenfalls eines der zahlreichen musikalischen Unterfangen von Wraath), zu dem der Darvaza-Sänger noch einmal mit seinen Tour-Kollegen auf die Bühne stieg. Misþyrming kannten auch kein Ende: Erst gegen 23:45 verklangen die letzten Töne der finalen Sintflut von “Algleymi” - und man verließ das Turock nach intensivem Merch-Begutachten überwältigt und begeistert.

Misþyrming / Frida Nordlys

Danke an alle Akteure und Beteiligten der Tour, die diese Zusammenkunft von vier allesamt starken Bands ermöglicht haben - oftmals ist es ja so, dass Support-Bands ein wenig unter den Tisch fallen, wenig Impact haben oder schlicht wegen ihres geringeren Bekanntheitsgrads geskippt werden. Das Tourpaket, mit dem District 19 hier die Wochen vor den Feiertagen füllten, dürfte im Gegensatz zu anderen Touren schon alleine deshalb im Gedächtnis bleiben, weil alle vier Bands auf höchstem Niveau agierten und man kein gewaltiges Gefälle und Qualität und Intensität verbuchen konnte. Noch dazu dürfte es für nicht wenige auch eines der letzten oder sogar das allerletzte Konzert 2023 gewesen sein - und wenn das Jahr mit so einem starken Ende abgerundet wird, bleiben keine Wünsche offen. Unbedingt die vier Bands im Auge behalten - 2024 naht und wird mit Sicherheit irgendwo in eurer Nähe oder auf einem Festival eures Vertrauens diese vier Reiter der Apokalypse mitbringen!  

Bericht: Haimaxia

Fotos: Frida Nordlys

PUNKTE
Bewertung

Band

  • Misþyrming, Darvaza, Helleruin, Wrang

Erscheinungsdatum

  • 05.12.2023
Haimaxia

He whispers, when the demons come. Do you make peace with them or do you become one of them?

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