Unter dem Radar - Moorgeist (Black Metal/Ambient)
Review

Unter dem Radar - Moorgeist (Black Metal/Ambient)

Die Perfektion hat im Black Metal -zumindest oft- ihren Einzug gehalten. Während viele Bands nach einem glasklaren Sound streben, geht man beim Projekt Moorgeist einen ganz anderen Weg. Wer hier nach einem perfekt gemasterten Sound sucht, wird leider bitter enttäuscht. Perfekt also für unsere Rubrik Unter dem Radar!

  • von Wolle
  • 23.04.2022

Einziges Gründungsmitglied Wehrgoat, hier unter demselben Namen wie das Projekt unterwegs, treibt schon seit vielen Jahren musikalisch sein Unwesen im metallischen Untergrund. Der Herr aus Hessen dürfte dem einen oder anderem durch seine beiden anderen Projekte Czarnobog und Sturmfolk ein Begriff sein. Sein erster Longplayer "Helcaraxë", um den es auch weiter unter gehen soll, erschien am 7. November 2021 via Dominance of Darkness Records als CD,  Vinyl und Tape und hat sich stilistisch -wie schon andere Projekte von Wehrgoat- dem rohen Untergrund-Black Metal mit Ambient-Anleihen verschrieben.  Um es in aller Deutlichkeit zu sagen: "Helcaraxë" ist ein hässliches Werk, wie das ganze musikalische Opus von Wehrgoat. Beklemmend, roh, morbide - doch zugleich sehr charmant.

Mit der 2020 erschienen und selbstbetitelten EP gab das Projekt Moorgeist bereits ein starkes Signal von sich. Nur wenige Monate später folgte mit "Hymnen der Nacht" bereits ein Nachfolger, welcher sich deutlich von der Debüt-EP unterschied. Auch das vorliegende Werk kann als eine Weiterentwicklung betrachtet werden, aber ohne dabei Wehrgoats Handschrift zu verlieren. Bemerkenswert ist noch das ebenfalls 2020 erschienene Split-Album mit dem ebenfalls recht unbekannten Projekt Hergandrom.

Trotzdem: Wer sich im Internet umsieht, wird feststellen, dass der Musiker noch in zahlreiche weitere Projekte involviert ist: Darunter wären noch Cosmic Isolation, Krigsvinter und Necro Forest, aber die Liste ist noch nicht vorbei. Vor allem fällt auf, dass Wehrgoat bei jedem seiner Projekte ein anderes Pseudonym trägt, in eine andere Rolle schlüpft - dass man bei Moorgeist gerne in Richtung J.R.R. Tolkien driftet und bei anderen Projekten in andere Themengebiete streift, könnte dafür ein Grund sein. Wir sind gespannt, was in Zukunft noch unter dem Namen Moorgeist erscheinen mag - aber alle Projekte sind im Grunde hochinteressant.

 

Aktuelle Besetzung

Moorgeist/Wehrgoat - Everything

 

Diskographie

2020 - Moorgeist (EP)

2020 - Hymnen der Nacht (EP)

2020 - Moorgeist / Hymnen der Nacht (Compilation)

2020 - Nightwind Spells (Split /w Hergandrom)

2021 - Helcaraxë (Album)

 

Review zu "Helcaraxë"

Wie eingangs erwähnt, ist das erste Full-Length unter dem Banner Moorgeist, anscheinend mit Absicht in der ästhetischen Grauzone gelandet. Und das ist hier durchaus positiv gemeint. Nach einem kurzen Intro, welches mit dem namengsgebenden Song Nummer 2, "Helcaraxë", verschmilzt, schafft man von Beginn an eine bedrückende Atmosphäre, welche es einem leicht macht, in das Album einzutauchen. Monotone Drums und oszillierende Riffs, die monoton vor sich hinwabern, erzeugen Gänsehautfeeling pur. Unterbrochen wird das ganze durch kurze Synthie-Einlagen, die gut arrangiert sind. Wehrgoats Gesang gibt dem ganzen eine besondere Note, bevor mit "Winds of Nevrast" ein instrumentales Stück folgt.

"Dagor Aglareb" beginnt mit einem unheilvollen Ambiente, um sich dann in einen zähflüssigen und trägen Sog zu ergießen, der erst in der Mitte teilweise an Fahrt aufnimmt. Die Drums sind eher im Hintergrund gehalten und suggerieren mit ihrem blechernen Sound eine Stimmung, als würde man sich in einem einsamen Verlies befinden. Schwere und Unbehagen dominieren hier. "Silmaril" knüpft hier direkt an und vereint mit den Dungeon Synth-Parts in Kombination mit schleppenden Mid Tempo-Black Metal eine wunderbare Symbiose. Unweigerlich drängen sich einem Bilder auf, die verzweifelter und angstbesetzter nicht sein könnten. In "The Wizard of Angband" sind die Gitarren und die Drums eher verhalten und werden in den Hintergrund gedrängt, was der Hörlaune aber keinen Abbruch tut, während "Dagor Bragolloch" definitiv als größerer Anspieltipp dieses Albums daherkommt: Verzweifeltes Gekreische trifft hier auf unheilvolle Synthie-Parts und vermag es den Hörer immer tiefer in die Abgründe von Moorgeist hinabzuführen. An dieser Stelle muss angemerkt werden, dass es Wehrgoat wahrlich gut gelungen ist mit seiner Musik Geschichten zu erzählen. Am besten lässt sich diese bei einem Glas Rotwein und mit Kopfhörern genießen. Moorgeist ist sicherlich kein Musikprojekt, das einfach so nebenbei funktioniert. "Nirnaeth Arnoediad" und "Under the Moon of Beleriand" vereinen nochmals alle Elemente, die dieses Album so stark machen, bevor dieses mit "Nightfall of Neldoret" sein Ende findet.

Leider findet dieses Ende viel zu früh statt, denn "Helcaraxë" ist ein Album, in welches man mit allen Sinnen abtaucht. Sicherlich mag es für den ein oder anderen zu roh, zu unsauber klingen, doch diejenigen, die mit Dungeon Synth und rauen Black Metal-Abscheulichkeiten etwas anfangen können, werden sicherlich ihre Sammlung mit diesem Meisterwerk erweitern.

Trackliste:

1. Over the Sea of Frost... (Intro)
2. Helcaraxë
3. Winds of Nevrast
4. Dagor Aglareb 
5. Silmaril
6. The Wizard of Angband 
7. Dagor Bragollach 
8. Nírnaeth Arnoediad 
9. Under the Moon of Beleriand
10. Nightfall over Neldoreth (Outro)

9.5
PUNKTE
Bewertung

Mit "Helcaraxë" ist Wehrgoat ein wunderbares Kleinod schwarzmetallischer Kunst geglückt. Sicherlich ist dieses Werk nur einem begrenzten Publikum zugänglich und das ist auch gut so. So ist sichergestellt, dass Moorgeist ein Geheimtipp bleibt. Wer sich jedoch auf den Sound des Musikers einlässt, wird fürstlich belohnt. "Helcaraxë" ist ein intensives Album und Wehrgoat versteht es hervorragend innere Bilder zu zeichnen. Eine klare Empfehlung!

Band

  • Moorgeist

Album Titel

  • Helcaraxë

Erscheinungsdatum

  • 07.11.2021
Wolle

Alles fließt, nichts ist fest.

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