06.08.2022 - Zappenduster Open Air 2022 - Sputnikhalle Münster + Uada + Saor + Panzerfaust + Firtan +++
Review

06.08.2022 - Zappenduster Open Air 2022 - Sputnikhalle Münster + Uada + Saor + Panzerfaust + Firtan +++

Am Samstag, 6.8., debütierte das Zappenduster in Münster - das neue Black Metal-Sommerformat von Black Silence Productions um Simon Wiedenhöft (u.a. Wintermelodei, Musiker bei Äera). Mit dem Tourkonvoi Uada + Panzerfaust und weiteren hochkarätigen Einträgen im Billing erzählen wir euch, wie die Jungfernfahrt lief.

  • von Haimaxia
  • 09.08.2022

Anfang August gelegen meinte es das Wetter mehr als gut mit dem neuen Event im westfälischen Münsterland - und bis man das Gelände der Sputnikhalle betrat, war einigen Besuchern noch gar nicht klar, dass das Event ja als Open Air angekündigt und somit unter freiem Himmel statt in 'dusterer' Halle stattfinden würde. Zwischen Kletterpflanzen und Beton/Graffiti-Optik war die Stage kaum größer als Indoor, aber der Platz sollte für das Event, das mutmaßlich als Gegenveranstaltung zum Acker-Open Air bei Itzehoe gesetzt wurde, gut reichen.

Als Bar und Zuflucht vor gnadenloser Sonne (leider thronte diese am Nachmittag genau über der Bühne) diente dennoch der Innenbereich und es gab neben der Pizzaküche noch auf dem umliegenden Gelände Fressbuden - nach dem Gang zum Merch startete das Event mit zarter Verspätung, aber durchweg starken Einträgen im Lineup.

Die Holländer Wesenwille um Ruben Schmidt (u.a. bekannt als Live-Gitarrist der aufstrebenden Wrang, aber auch von Sea of Trees, Verval und White Oak) machten den Einstand und präsentierten ihre zwei ersten Alben “I: Wesenwille” und “II: A Material God”. Vor allem das finale "Rising Tides" blieb gehörig im Gedächtnis - und dass hier bloß der furiose Auftakt für gleich drei starke Vertreter aus den Niederlanden geliefert wurde, machte dabei gar nichts. Im unerbittlichen Sonnenschein waren manche Besucher es dabei aber wohl einfach nicht gewohnt, den Außenbereich der Sputnikhalle als Konzertlocation zu erleben - und so fand sich mancher noch im Innenbereich ein und genoss das eine oder andere Bier. Trotzdem war der Außenbereich schon gut gefüllt, aber kein Vergleich zu späteren Gigs. 

Auch Verwoed um den ebenfalls aus den Niederlande stammenden Musiker Erik B. konnten die Besucher des Zappenduster Open Air durchaus überzeugen. Mit Tracks ihrer 2019 und 2020 erschienenen Alben “De val” und “Woudloper” erzeugten sie eine noch intensivere Atmosphäre als ihre Vorgänger. Auch wenn die beiden Bands sich den Drummer teilten, so unterschiedlich war doch ihr Output. Neben leichten Unterschieden in der Optik (Wesenwille waren noch in schwarzen bis zum Oberloch zugeknöpften Hemden auf der Bühne, Verwoed hingegen mehr in klassischerer Metaltracht mit Lederjacken) verloren sich Wesenwille mehr in atmosphärischen Klängen, während Verwoed mit ihrer direkten Art punkten konnten. Mehr rauschhafte Ausbrüche in ihrer Instrumentierung, ähnlich harsche Vocals, jedoch eine weit melancholischere und hoffnungsbefreitere Atmosphäre, als bei ihren Vorgängern.  Vom Opener "De Kwelling van het Bestaan" bis zum finalen, damals als erster Output erschienenen Song "Bodemloos" konnte der zweite Holland-Streich des Tages auf jeden Fall überzeugen.

Der dritte Eintrag aus dem Nachbarland im Westen waren Laster, deren Gesamtauftritt des Öfteren die Geister zu scheiden scheint`: Mit ihren deformiert/uncanny wirkenden Halbschädelmasken trumpfen Laster mit einer entmenschlichten, ebenso von einer Tristesse durchsetzen Optik und Klangkulisse auf - der Klagegesang und die fehlende Aggression im Sound der Band empfinden manche Kritikerstimmen aber als eher fad. Nun gut, verfolgt man eben einen experimentierfreudigeren Avantgarde-Ansatz im Sound-Dickicht - unter der Anhängerschaft des Labels Prophecy Productions konnten die drei Musiker punkten, für andere plätschern die tragenden Stücke eher dahin. Vielleicht können Laster eher mit einem neuen Werk zünden, ihre Stücke vom letzten Album "Het wassen oog" wie "Schone schijn" waren aber auf keinen Fall schlecht dargeboten.

Nachdem bereits drei Bands dem Publikum ordentlich einheizen konnten, haben Firtan im Anschluss offene Türen eingerannt - wer die vier Jungs aus Lörrach kennt, weiß, was er erwarten darf. Spätestens seit ihrem zweiten Album "Okeanos", erschienen über AOP Records, haben sich die Mannen einen Ruf erarbeitet, der seinesgleichen sucht. Auch diesmal konnten sie vollends überzeugen und hatten mit "Amor Fati" von ihrem im September erscheinenden Album "Marter" direkt noch einen neuen Song mit im Gepäck, der auch durch sein stark inszeniertes Musikvideo bereits hohe Wellen schlug. Aber auch ältere Stücke wie "Nacht Verweil" vom bereits erwähnten zweiten Werk konnten das Publikum mitreißen. Insgesamt haben die vier Musiker einen wirklich starken Auftritt hingelegt und sind definitiv eines der Highlights beim Zappenduster Open Air gewesen.

Einer der besonders heiß ersehnten Einträge im Billing bolzte im Folgenden ordentlich voran: Die Kanadier Panzerfaust haben sich mit ihrer Standarte als "Black Metal Fundamentalists" spätestens mit ihrer Album-Trilogie unter dem Titel "The Suns of Perdition" eine gehörige Fanbase aufgebaut und genießen jetzt schon einen gewissen Kvltstatus. Mutet der Bandname noch eher roh an (viele denken an Darkthrones Werk aus den 90ern), beweist die Band aber immer wieder ein Händchen dafür tiefsinnige Lyrik, okkulte Atmosphäre und Death/Black-Mischformen genial zu verknüpfen. Neben dem allgegenwärtigen Thema Krieg, der in seiner ungeschönten Seite beschrieben wird, geht es aber auch um philosophische Themen, Presse-, Rede- und Meinungsfreiheit, sowie bedeutende historische Ereignisse. In der Mitte der Bühne wurde eine Kanzel aufgestellt, von der aus der mit einer Janusmaske maskierte Frontmann Goliath seine Predigt hielt - beim UTBS 2019-Gig war es sogar so, dass die gesamte "battery" an Instrumentalisten vorne auf der Bühne positioniert wurde, während die Kanzel im Hintergrund verschwand, was konzeptionell einen besonderen Eindruck hinterließ. Auch auf der kleinen Bühne des Zappenduster war der Panzerfaust-Gig sehr intensiv - waren zwar manche Stücke wie die Opener des Trilogie-Beginns "The Suns of Perdition I: War, Horrid War", namentlich "The Day of Trinity" und "Stalingrad, Massengrab" noch vom Klang her nicht auf bestem Niveau, konnte aber die exzellente Performance, vor allem durch die doppelte Leistung an den Vocals gegen Ende beeindrucken (neben Goliath spendiert auch Gitarrist Brock van Dijk seine Vocals). Alle Akteure auf der Bühne spielten sich dabei in kurzer Zeit in Trance, vom Intro bis zum großen Finale "Promethean Fire", der eigentlich als eröffnender Track des zweiten Kapitels "The Suns of Perdition II: Render unto Eden" fungiert. Blickt man am Ende des Gigs in die leeren Augen des Gitarristen, der seine Gitarre schultert, weiß man, was die Jungs auf der Stage abliefern.

Gemeinsam mit Panzerfaust auf Tour war der nächste Programmpunkt Uada für viele ebenfalls Pflichtprogramm und vielleicht sogar ausschlaggebender Anreisegrund: Die stets verhüllt und in Kutten agierenden US-Amerikaner haben drei facettenreiche, aber auch klanglich sehr unterschiedliche Alben hervorgebracht, die allesamt in der Setlist bedacht wurden. Der Opener "Djinn" des letzten gleichnamigen Albums -das fiel unserem Team auf- klang live weit intensiver als auf Platte, während besonders Stücke wie "Black Autumn, White Spring" vom Debüt-Album "Devoid of Light" für eine einmalige Atmosphäre sorgten. Uada kommen mit ihrer Show allerdings ebenfalls bei Dunkelheit viel besser - hier stand nun das grelle Sonnenlicht etwas im Gegensatz, selbst wenn die Dämmerung nicht mehr fern war.  Für die Anhängerschaft der Nordamerikaner dürfte der Gig als sehr stark in Erinnerung bleiben - und vielleicht konnte die Band sogar noch ein paar Skeptiker für sich begeistern, vor allem diejenigen, die den letzten Output von Uada gar nicht mochten.

Das schottische Projekt Saor, von dem zumindest unser Team am Abend des Zappenduster das erste Mal die korrekte Aussprache, nämlich wie "sür", gehört hat (in schottischem Gälisch), ist mit fünf herausragenden Werken und einem nicht minder bemerkenswerten Ruf ein perfektes Finale für den Auftakt des Zappenduster Open Airs geworden. Der Musiker Andy Marshall, sonst in Eigenregie für quasi alles im Saor-Universum verantwortlich, hat mit seiner Live-Band eine gute Figur gemacht, entführte seine Zuhörer in beinahe magische Klangwelten und präsentierte dabei vor allem in der ersten Konzerthälfte fast das gesamte aktuelle Werk "Origins". Hypnotisch, wenn man sich mitreißen lässt - wunderschön, wenn man sich fallen lässt. Und trotzdem leerten sich die Reihen schon merklich während des Finales.

Bericht: Sebi & Haimaxia

Fotos: folgen!

PUNKTE
Bewertung

Das Zappenduster Open Air konnte sich in seiner ersten Ausgabe durchaus positiv hervortun - so ist auch bereits jetzt bekanntgegeben worden, dass es 2023 ebenfalls neben der Wintermelodei auch dieses Sommerevent geben soll. Wenn im kommenden Jahr ein ähnlich gutes Händchen bewiesen wird, was das Billing anbetrifft, steht einer langfristigen Etablierung des Events aus der Küche Black Silence Productions nichts mehr im Wege!

Band

  • Wesenwille, Verwoed, Laster, Firtan, Panzerfaust, Uada, Saor

Erscheinungsdatum

  • 06.08.2022
Haimaxia

He whispers, when the demons come. Do you make peace with them or do you become one of them?

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