Interview mit Torsten Schramm (Sober Truth / TaktArt)
Interview

Interview mit Torsten Schramm (Sober Truth / TaktArt)

Heute im Quickcheck beleuchten wir ausgiebigst Torsten „Mr. Sober“ Schramm, Gitarrist und Rampenschreier der Ausnahmeband Sober Truth, und Betreiber von TaktArt-Booking, dem wohl undergroundigsten Promotion/Booking Konzept im und um den „Pott“ herum!

  • von Ghostwriter
  • 28.06.2012

UG: Grüße Torsten!
Torsten: Moin!

UG: Ob dir wohl bewusst ist, dass ich durch dich das erste UG-Radiointerview im Zuge der „TaktArt Live Radio Show“ im Rockschockradio machen konnte und ich das extremst elitär fand?

Torsten: Ja nach deinen ersten Reaktionen wurde mir das schnell bewusst. Etwas schockiert, da es sich ja um eher eine kleine Online Radio Show handelte - Aber das Telefon Interview mit Dir / Euch hatte von Anfang bereits kultige Züge und bei der nächsten Radio Show bist Du auf jeden Fall wieder mit dabei – diesmal mit massivster Vorbereitung *lacht*   

UG: Als wir euch damals bei Undergrounded als Band präsentiert haben konnten wir noch nicht wissen wie hart ihr eigentlich abgeht. Eure aktuellste Scheibe „ Outta Hell“ ist bereits die dritte Pressung und ihr seid aktiv wie nie. Ist das noch Underground?

Torsten: Also, wir bezeichnen das selber sogar als Schlacht. Im Metal Sektor ist es ganz schön hart sich zu behaupten und vor allem bereits im Underground Bereich gibt das sogenannte "Musik Biz" bereits einen faden Beigeschmack. Das schreckt uns nicht ab und wir ziehen voll durch, was zum Bsp. bei Sober die ganze Sache ausmacht. Viel rumkommen – viele Leute mit der Mucke erreichen und Vollgas. Underground bezeichnen wir es, da wir in so vielen coolen kleinen Clubs gespielt haben und uns den "Sogenannten" aufgerissen haben um uns ein gewisses Standing zu erspielen. Was soll man im Proberaum versauern – es gibt genug Möglichkeiten seine Musik in die Welt zu schreien – aber das kostet halt Energie und Zeit. Ohne Motivation und vollster Überzeugung geht gar nichts. Und halbe Sachen gibt es genug. Es kommt außerdem natürlich auch darauf an, welche Art von Musik man produziert. Wir haben eine schlichtere Art gewählt um für das Publikum eine coole Live Show zu bieten. Wir nehmen konsequent immer viel Fahrt in unseren Gigs auf. Unserer Meinung nach ist Standfuball auf ner Metal-Bühne scheiße. Es gibt viele Könner, progressiv ohne Ende und alle können super toll spielen – aber jeder für sich im Gesamten finden wir das extrem langweilig – da der Funke meistens nicht beim Publikum überspringt. Die Leute die auf Gigs kommen und sich Club Shows oder kleinere Festival etc anschauen, wollen ne Band sehen, die das ernsthaft betreibt – Wer jubelt des anderen Hobby gerne an? Da muss schon Überzeugung dahinter stecken und das ist unser Rezept. Wir probieren viel – auch mit unseren Videos und lassen uns von negativen Kritiken – ja die gibt es- ebenso nicht entmutigen sondern Anspornen!    

UG: Und wie ist derzeit die Stimmung unter deinen Bandkollegen? Ich hab mitgekriegt dass der eine oder andere praktisch Berufsmusiker ist?

Torsten: Soberhafte Stimmung?! Alle sind kaputt von Ihrer Arbeit der modernen Sklaverei! Das Schlimmste das soviel Zeit für komische Tätigkeiten verschwendet wird *lacht* Bei uns gibt es zwei die von der Musik leben. Sie sind selbständig als Musiklehrer tätig: Unser Hamid betreibt eine Musikschule für Gitarre und TJ unser Drummer eine Schlagzeug Schule. Beide sind gut ausgelastet mit Schülern, so dass ein Leben davon möglich ist. Zwar nicht in Reichtum badend aber für´n Brot ohne Butter reicht es. Aber mehr ist ja in diesem Land auch nicht drin. Ich arbeite in Vollzeit 39 Stunden und es ist am Ende des Monats gähnende leer auf dem Konto. Brauche dringend neue Schuhe *lacht* Unser Tobi ist ebenso in der Arbeitswelt und schraubt fleißig Solaranlagen auf Dächer….   

UG: Ich kenne kaum eine andere Band die so sehr auf gute Musik- bzw. Promovideos setzt. Selbst eure Amateurvids machen einen richtig professionellen Eindruck. Macht ihr das selber oder habt ihr jemand an der Hand der das für euch erledigt?

Torsten: Nein, wir machen alles selbst von der Idee bis zur Umsetzung. Für die Videos Outta Hell haben wir einen Kontakt zu einem Filmstudent nach Berlin gehabt. Den haben wir ein langes Wochenende beim Schramm pennen und wohnen lassen und in der Zeit alles abgedreht. Bei "My Life" und "F.R.E.A.K." haben uns die Damen von Linestyle mit Ihrem Know How zu den tollen Videos verholfen. Denen gilt auch unser besonderer Dank, da sie sich Stunden oder eher Tage im Schnitt, Regie und Umsetzung eingesetzt haben und das obendrein als Freundesdienst verstanden haben. Respekt hierfür, denn in der heutigen Zeit ist so was eher selten geworden – denn jeder hält die Hand auf, selbst für kleine Gefallen. Da wir uns mit TaktArt, Sober Truth und caliber.X ein großes Netzwerk erschlossen haben, bieten wir im Gegenzug für jede in Anspruch genommene Hilfe ebenfalls unseren Support an. Das heisst, wir versuchen Kontakte zu vermitteln oder andersweitig auszuhelfen.   

UG: Und die Cheerleaderinnen, „Ärztinnen“ und Burlesque Damen?

Torsten: Ja, diese Aktionen liegen ja jetzt schon 2 Jahre zurück. Wir haben damals diverse Auftritte mit Burlesque-Tanz kombiniert. Das war für viele ein Schock in der Metalszene. Viele riefen das könnt Ihr doch nicht machen – andere Bands unkten, das wir uns hinter Titten verstecken wollten… Die Männer fanden das alles super – leider verloren wir viele weibliche Zuhörer und Fans *lacht* Einige Wenige haben aber erkannt daß es beim Burlesque auch um Kunst geht. Die Damen haben zwischen den Stücken und auch während der Songs sogenannte Nummern aufgeführt. Diese haben sie selber choreographiert mitsamt passenden Outfits. Es war einfach klasse und hat die Leute auch sehr mitgerissen! Wir sind und waren immer schon auf der Suche nach etwas was eine Show noch aufwerten kann. Diese ganze Underground Szene ist oft, wie schon erwähnt ziemlich eingefahren. Keiner traut sich auch mal aus dem „Ich steh auf der Bühne und bin klein und schüttel mein Haar für Euch“ auszubrechen... Ich meine WTF … wir wollen auch mal rausstechen von der Masse – deshalb haben wir auch bereits eine Feuershow integriert, welche aber oft aus Sicherheitsgründen seitens der Veranstalter abgelehnt wurde.   

UG: „Puristen weggehört: Hier kommt eine Band, die sich einen Dreck um musikalische Spielregeln schert, die auf unverschämt geniale Weise die Metal Geschichte plündert.“ Woher nimmt Sober Truth denn nun wirklich seine Muse bzw. gibt es ein Metalgenre dem ihr euch wirklich verbunden fühlt?

Torsten: Innerhalb der Band gibt es ein Gemisch aus Erfahrung, Wut und dem jungen frischen Unverbrauchten. Wir mischen Old School Elemente und schimpfen uns selber als eine Groove Metal Band. Hamid und Ich sind bereits viel unterwegs gewesen auch vor Sober Truth und lieben beide den Sound und das Lebensgefühl der 80iger und 90iger Thrash / Metal Zeit, während unser Basser und Drummer – Tobi und TJ sich auch progressiveren Tönen oder moderneren Sounds hingezogen fühlen. Ihre musikalische Heimat und Sichtweise ist eine ganz andere. Das macht am Ende den Reiz aus – Sober Truth klingt eigenständig, besitzt einen eigenen Stil und niemand konnte es bisher einordnen. Das wurde schon oft versucht. In verschiedenen Reviews, die allesamt nicht passen wollten da Vergleiche zu Bands gezogen werden, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Wir sind auch keine Studio-Band, da müssen wir noch hart dran arbeiten auch wenn wir bereits 2 Alben und eine Special Edition und ein EP in den ersten 5 Sober Jahren rausgebracht haben. Wir sind Live ein Brett machen Spass und da wo wir spielen lassen wir nichts trocken. Den Leuten gefällt das und auf Konzerten haben wir bereits viele Alben an den Mann und Frau gebracht, und uns somit eine tolle Fanbase erspielen können.    

UG: Erzähl doch noch ein bisschen was zu deinem TaktArt „Projekt“ - natürlich findet man da unter „Bands“ auch deine Eigene, wolltest du speziell für Sober Truth eine Möglichkeit haben euch zu promoten und die anderen Bands kamen „Peu â Peu“ dazu oder war es andersrum bzw. völlig anders?

Torsten: Das ist schnell erzählt und tatsächlich ganz einfach. Es ist schwer, wenn man als Band startet, an Auftritte heranzukommen. Seit 2008 gab ich meine Suche nach Gigs offiziell den Namen TaktArt Booking. Dann, unter diesen Namen, kamen wir plötzlich an viele Konzerte dran und das sind mittlerweile mit Sober Truth bereits bei 140 gespielte Gigs in den ersten 5 Jahren. Als das gut anlief begann ich selber kleinere Konzerte zu veranstalten und erschuf ein Netzwerk aus Bands, Partnern und Freunden. Aus diesen wird geschöpft und ständig weiter aufgebaut. Jedes Jahr gibt es außerdem ein 2tägiges Festival das sich „TIL SOMEONE CRIES“ nennt – ja bis einer weint – den Namen hatte ich von einer Bekannten die ich fast täglich mit Flyern, Posten von Veranstaltungen – etc. genervt hatte. Ebenso veranstalte ich mit meinen Partnern jedes Jahr einen Underground Bandcontest „Breaking the Silence“ der auch dieses Jahr wieder sehr erfolgreich lief. Alles ohne Schmu und Schleim – richtig ehrlich und laut! Das ist auch das Motto von TaktArt – manchmal lass aber auch ich mich hinreißen zu Motzattacken. Man wird im Bereich Booking etc. halt auch viel angegriffen, von Leuten die ohne sich zu informieren, losbellen – da muss man an seinem Fell weiter arbeiten damit das noch dicker wird. Wie gesagt man soll nicht meinen dass die Szene sich untereinander immer gut verträgt – in unserem Raum gönnen sich viele Leute nichts! Diverse Club Shows und das reine Booking übernehme ich nur von meinen Bands – versorge aber meinen sogenannten Roster mit vielen Kontakten und vielen Auftrittsmöglichkeiten. Ich persönlich würde gerne TaktArt weiter wachsen lassen und viele Bands aufnehmen. Dafür reicht die Zeit aber nicht. Da ich noch in Vollzeit berufstätig bin ist halt alles bereits auf Anschlag und über dem Möglichen hinaus. Man wird sehen was die Zeit bringt.   

UG: Du scheinst einen ähnlichen Rhythmus wie ich zu haben, wenn „Geschäftliche Telefonate“, dann meist entspannt nach 22.00 Uhr, praktisch neben dem Job noch bis spät in die Nacht für dein „Hobby“ leben. Was machst du eigentlich beruflich bzw. lebst du schon von deiner Arbeit für Sober Truth bzw. TaktArt?

Torsten: Davon kann man nicht leben und auch nicht in Zukunft. Dafür muss man zuviel Geld investieren. Selbst bei den meisten Veranstaltungen wird draufgezahlt. Es ist schon bekloppt sich so etwas anzutun – einzig die Leidenschaft treibt einen da voran. TaktArt ist als Kleingewerbe angemeldet und somit von der Steuer befreit. Anders würde es nicht gehen. Hauptberuflich bin ich Sozialarbeiter im Bereich Bildungswesen. Der Auftrag ist diverse Jugendliche als Ausbilder zu betreuen, zu stärken und durch eine 2-jährige Verkäufer Ausbildung zu bringen. Das ist Lehrer, Ausbilder und Papa in einem. Das ist zwar anstrengend, aber eine sinvolle Aufgabe – und dafür man kämpft sich durch. In der modernen Sklaverei kann und will ich mich nicht mehr integrieren dafür bin ich nicht wirklich zu haben. *lacht* Ja, ich habe einen doch unüblichen Rhythmus aber es macht Laune sonst würde ich das nicht machen.    

UG: Und hier der Undergrounded Klassiker: Stell dir vor du triffst Torsten vor 10 Jahren mit deinem heutigen Wissen, was würdest du ihm mit auf den Weg geben wollen?

Torsten: Ich wüsste jetzt wie es besser geht! Ich hätte vieles anders gemacht – aber ich bereue nicht wirklich. Ich habe viel Erfahrungen sammeln müssen – Aber es gab viele tolle Momente und ja auch mal Glücksgefühle *lacht*   UG:Vielen Dank für das Interview, ich hoffe euch bzw. dich bald auf einem eurer Gigs oder vielleicht sogar auf einem Undergrounded Event persönlich zu hören/zu erleben.
Torsten: Ja ladet uns doch mal ein und traut Euch! Ihr seid hiermit auf jeden Fall für das kommende TIL SOMEONE CRIES FESTIVAL am 14. /15.09.2012 in der Turnhalle Bauhaus Troisdorf eingeladen. Vielen Dank fürs nette Interview – See YA! …in Hell!

Das Interview führte Undergrounded und Torsten Schramm, Sänger und Gitarrist der Band Sober Truth und Inhaber von TaktArt Booking. Mehr Infos hierzu findet ihr unter:

http://www.sober-truth.de/
http://taktart-booking.de/
 

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