Interview mit Daniel Hofmann (Total Thrash - Documentary)
Interview

Interview mit Daniel Hofmann (Total Thrash - Documentary)

Daniel Hofmann ist Thrasher und Filmer aus Leidenschaft. Seit einiger Zeit macht er mit seinem Projekt „Total Thrash – The Teutonic Story“ auf sich aufmerksam, das ein hehres Ziel verfolgt: Eine Dokumentation über die gesamte Thrashmetal-Szene in Deutschland zu produzieren. Dieses Mammut-Projekt steht jetzt vor seiner Premiere und wir wollten dies zum Anlass nehmen, Daniel ein paar Fragen zu stellen.

  • von Grave
  • 29.04.2022

UG: Servus Daniel!
Daniel: Hallo, liebe Leser von Undergrounded!


UG: Natürlich haben wir uns als seriöses Underground-Mag, das wir sind, mindestens 300 Sekunden mit deiner Vita und deiner Homepage beschäftigt und dabei gesehen, dass es dort schon einige Infos zu „Total Thrash“ gibt – gepaart mit dem einen oder anderen Interview. Wir wollen unsere Leser natürlich nicht über Gebühr langweilen und stellen daher direkt eine sehr gewagte Frage: „Welche Fragen werden dir in der letzten Zeit zu oft – und welche viel zu wenig gestellt?“

Daniel: Das nenne ich mal einen guten Einstieg. Da war bis jetzt schon viel dabei, aber meistens geht es von den ersten Berührungspunkten mit Thrash Metal über wie ich auf die Idee zu diesem Film überhaupt gekommen bin. Das ist ja auch klar und verständlich. Fragen, die nicht ganz so oft gestellt werden sind tatsächlich, was Thrash Metal für mich ausmacht oder auch Mal ein paar Fragen für tiefere Blicke hinter die Kulissen des Filmes selbst.


UG: Ha, das war einfach! Was macht denn Thrash Metal für dich aus und was war der persönlich beeindruckendste Teil während des Drehs?

Daniel: Thrash Metal steht für mich für die Musik, die ich immer gesucht habe. Das Gefühl, als das erste Mal ein Thrash Song aus der Anlage knallte, war bis heute einzigartig für mich und anders als bei jedem anderen Musikgenre. Es ist hart, schnell und hat inhaltlich auch noch jede Menge Botschaft. Hinzu kommt diese unglaubliche Live-Intensität, die es so wohl auch nur im Thrash Metal gibt. Das gesamte Paket findest du so kein zweites Mal auf der Welt. Beeindruckende Momente gab es sicherlich einige während der Dreharbeiten, dazu zählen für mich besonders die Musiker und Vorbilder meiner Zeit, die ich aus der Anlage kenne, auf einmal vor der Nase zu haben und zudem an historischen Kulissen und Entstehungsstätten der Szene zu drehen, waren schon extrem spannende Momente für mich.

 

UG: Auch wenn ich mich aktuell mehr in schwarzmetallischen Gefilden bewege, hat Thrash Metal für mich immer diese extreme "Nahbarkeit" der Künstler gehabt. Du hast in diesem Genre teilweise extrem wenig Starallüren und Selbstdarsteller, zumindest Backstage. Die Energie, Spielfreude auf der Bühne und das gleichzeitige am Boden bleiben war für mich der Inbegriff der Kunst. Hat sich das während des Drehs für dich so bestätigt oder würdest du sagen, dass der Deutsche-Thrash auch seine "Diven" hat? Und vielleicht noch hinterhergeschoben - was ist für dich diese Botschaft? Wenn ich mir aktuelle Thrash-releases (zumindest aus dem Underground) anhöre, ist die Botschaft oftmals "Bier" lacht 

Daniel: Ich denke, ich habe während der Dreharbeiten nicht den Hauch einer Starallüre oder eines Selbstdarstellers erlebt. Ganz im Gegenteil: Die Thrash-Szene und auch das gesamte Musik-Genre sind extrem auf dem Boden geblieben. Die Drehs kamen mir teilweise so vor, als ob ich die Personen vor der Kamera seit einem halben Jahrhundert kennen würde. Das gab natürlich ein angenehmes Flair und eine gewisse positive Atmosphäre innerhalb der Kulissen. Aus meiner Sicht macht sich dies auch im Film deutlich bemerkbar, da die Darsteller alle sehr miteinander harmonieren und auf einer Ebene stehen. Das macht auch beim Schauen des Filmes Spaß. In Bezug auf die aktuellen Thrash Releases muss ich dir da etwas widersprechen. Klar hast du auf der einen Seite klassischen "Bier-Sauf-Thrash" wie früher auch, aber es gibt auch nach wie vor viele ernste Themen. Schau dir beispielsweise die beiden Scheiben von Pripjat an, Platten von Ravager, Destroy Them oder Smorrah. Da findest du überall ernste Themen in den Inhalten. Finde ich auch gut so und hat ja den Thrash auch immer ausgemacht. Für mich selbst hat das auch immer einen wichtige Grundbasis neben der schnellen und harten Musik gebildet.

 

UG: Dann habe ich die letzten paar Jahre wahrscheinlich einfach den falschen Thrash gehört lacht. Ich erinnere mich, dass es vor ein paar Jahren bereits von einem, sagen wir mal eher "halbseidenen" Filmer einen Versuch gab, ein sehr großes deutsches Thrash-Doku Projekt zu fahren, von dem man nach einer Menge Drehs mit teilweise namhaften Bands und Geldfluss nie wieder etwas gehört hat. Wann kam denn die Idee, eine ganze Dokumentation über die Szene zu drehen und wie offen ist man dir von Seiten der Bands begegnet?

Daniel: Das kann sein, ich gebe dir gerne noch ein paar Platten an die Hand lacht Ja, es gab wohl über die letzten Jahre verteilt immer mal wieder den ein oder anderen Ansatz für solch ein Projekt. Das ist ja meist auch nicht so ganz einfach, so etwas in der Größe mal eben aus dem Ärmel zu schütteln. Natürlich ist der Geldfluss da ein Thema, alles kannst du auf dem Level halt auch nicht aus eigener Tasche finanzieren. Die erste Idee entstand bei mir im Kopf um 2012 schon, damals noch sehr in den Kinderschuhen als Kurzfilm über Destruction, Sodom, Tankard und Kreator angedacht, reifte die Idee mit wachsenden Strukturen (ich bin heute selbst Veranstalter und habe ein eigenes Metal Magazin) dann immer weiter, sodass 2019 ein Drehbuch daraus wurde und wir einfach mal "los drehten". Ich habe mich in der Recherche immer gefragt, warum es keinen kompletten Film über die deutsche Thrash Szene gibt und wollte das unbedingt ins Rollen bringen. Ganz einfach war das Projekt nicht, denn natürlich schauten einige erst einmal anfangs wie das so läuft und ob es auch wirklich was wird. Aber als ich den Darstellern von der Idee erzählte, waren die sofort alle dabei und trugen den Film natürlich auch weiter. Das half uns extrem in der weiteren Planung des Filmes und sorgte auch zusätzlich noch für einige tolle Geschichten, die Total Thrash heute beinhaltet.

 

UG: Ich denke so sollten diese Art Projekte auch angegangen werden. Wir sind ein herrlich erfolgloses und extrem underground-orientiertes Zine wo sich jeder von vornherein bewusst ist, dass es praktisch kein Geld zu bekommen gibt. Es kommt immer mal wieder Frage auf wie man sich denn überhaupt finanziert und die Antwort ist relativ einfach: "Wenn man kein Geld damit verdienen will und es als ein teures Hobby ansieht, kann man schon nicht enttäuscht werden." Natürlich macht das größere finanzielle Sprünge unmöglich aber es hebt die Moral, die man aus dem eignen Anspruch und der Überzeugung zieht. Aber tatsächlich interessiert mich die Finanzierung brennend. Hattest du irgendwie Support aus Kulturtöpfen oder von den Bands selbst bzw. woher kam der Löwenanteil?

Daniel: Ziel von Total Thrash war es nie das große Geld zu verdienen, sondern den Film als Herzensprojekt zu machen, sodass er möglichst viele Leute erreicht und einen Einblick in dieses großartige Genre gibt. Natürlich stand da schnell die Frage im Raum, wie man solch einen Film finanziert und vor allem, wie groß das ganze Projekt auch werden kann/soll? Die Drehs liefen fast ausschließlich über mich selbst in Eigenleistung ehrenamtlich und einige wirklich gute Freunde, die Bock auf das Projekt hatten und z.B. Interviews führten oder auch Kulissen mit auf- und abbauten. Nachdem wir ca. 100 Stunden Material im Kasten hatten, musste dieses natürlich bearbeitet werden. Ich entwickelte daraufhin ein 3-gleisiges Finanzierungsmodell. Einmal über Sponsoring (da kam leider nur ein kleiner Teil dazu), einmal über die Beantragung von Filmförderungen beim Land und beim Bund (die dankend ohne Nennung von weiteren Gründen abgelehnt haben) und eine Crowdfunding Kampagne, wo die Leute bereits exklusive Pakete für den Film vorbestellen konnten. Durch den unglaublichen Support der Szene haben wir über diesen Weg die Kosten für die Post-Produktion komplett abdecken können und Total Thrash ist zu dem geworden, was es heute ist - ein Kinofilm, der deutschlandweit ausgestrahlt wird und zudem auch auf DVD und Blu-ray erhältlich sein wird. Das ist einfach großartig.

UG: Ich denke, das kann man bereits jetzt ungesehen Glauben, mal davon ab dass es auch einem zeitgeschichtlichen und kulturellen Aspekt dient und nicht nur einer Momentaufnahme. Schlimm genug, dass man trotz eines solchen Ansatzes immer noch nicht geschafft hat, in der "etablierten" Kunst/Kulturwelt das gebührende Gehör (und Gelder) zu finden. Ich hoffe sehr, dass das Projekt am Ende des Tages ein großes Echo erfährt und vielleicht sogar ein Umdenken bei dem einen oder anderen bewirkt. Wie genau gestalten sich denn deine nächsten Wochen bis zum Premierentag?

Daniel: Da gebe ich dir natürlich Recht. Für mich ist es umso schöner, den Film nun auf den großen Kinoleinwänden des Landes sehen zu können und vor allem freue mich, dass das Projekt nach über 3 Jahren Arbeit nun auf die Thrash Horde losgelassen werden kann. Das ist ein tolles Gefühl. Wir stecken seit einigen Wochen in der Planung der Weltpremiere in Essen, die Stand heute so gut wie ausverkauft ist. Da muss eine Menge bedacht werden. Ich führe aktuell viele Interviews, koordiniere die anschließende Kino-Tour, parallel bereiten wir den Abend in Essen vor und verschicken die ersten VIP-Pakete in die Welt. Da wird es nicht langweilig aktuell, das kann ich dir sagen.

 

UG: Wobei ich hier von positivem Stress sprechen würde - jetzt wird geerntet, nachdem man sich hart reingekniet hat, sicher ein grandioses Gefühl. Weißt du schon was danach kommt bzw. gibt es ein Thema, dass dich nach dem Film reizen würde?

Daniel: Ich glaube ich würde mir selbst raten, fast alles genauso zu machen und jetzt gar nicht bewusst sehr viel ändern. Und vor allem immer an solch ein Projekt zu glauben, egal wie schwer es auch gerade ist. Wir hatten viele Herausforderungen, wie schlechtes Equipment zu Beginn, immer wieder finanzielle Sorgen, einen straffen Zeitplan, keine Förderung und unterm Strich war das natürlich - da es mein erster eigener Film war - auch eine Menge Neuland, in die ich mich begeben musste. Das Team, meine großartigen Freunde und der unglaubliche Support der Szene waren ausschlaggebend für diesen Film. Mit der Erfahrung kannst du natürlich ganz anders an einen zweiten Film herangehen.

 

UG: Dann bleibt uns nur noch auf den Film zu warten - Danke für deine Zeit!

Grave

Der, der hinter den Reihen wandelt.

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