Interview mit Jan Rensmann (ErzfeinT)
Interview

Interview mit Jan Rensmann (ErzfeinT)

Heute im Quickcheck steht uns Jan Rensmann Frage und Antwort! Jan, oder Boern wie ihn viele von uns nennen, ist Bandmitglied von ErzfeinT, Konzertveranstalter, Member des Oberkommandos und logistisches Ausnahmegenie. Zeit den Thrasher aus dem Pott mal unter die Lupe zu nehmen.

  • von Ghostwriter
  • 26.02.2012

UG: Trotz deines fast noch jugendlichen Alters hast du schon einiges auf dem Kerbholz, als Bandmitglied von Erzfeint wurde unlängst dein Album „Kein Ende im Licht“ releast, (welches momentan Dauergast in meinem CD-Player ist) und du hast noch nebenher geholfen, das Destroyers Unite Festival aus der Taufe zu heben. Ganz davon abgesehen bist du seit Jahren aktives Mitglied im Oberkommando von DMV gewesen und jetzt nur noch aktiver in der daraus hervorgegangenen Undergrounded Community. Woher nimmst du die Energie und vor allem, was davon machst du „Hauptberuflich“?


Jan Rensmann: „Hauptberuflich“ bin ich ganz klar bei ErzfeinT verortet. Das hat oberste Priorität. Ich versuche aber alles irgendwie so unter einen Hut bekomme, dass jede Aufgabe seinen gerechten Teil meiner Aufmerksamkeit bekommt. Woher ich die Energie nehme frage ich mich selber oft. Ich denke aus der Leidenschaft. Ich bin seit vielen Jahren absoluter Vollblutmusiker, klar, dass da auch eine Band Pflicht ist. Wenn man sich dann mit seiner Band im Underground bewegt lernt man unglaublich viele andere Bands kennen, die alle Aufmerksamkeit verdienen – aber zum Großteil nicht bekommen. Letztlich aber kein Wunder bei der Flut an mehr oder weniger guten Bands, die den Markt überschwemmen. Umso wichtiger ist es aber, dass es Menschen gibt, die sich für die Bands, die dabei unberechtigter Weise unter den Tisch fallen, einsetzen. Wenn ich sehe, dass dabei auch nur einer Band geholfen wird und sich darüber freut, gibt mir das einen unglaublichen kick. Ferner ist es natürlich ein ziemlich gutes Gefühl zu sehen, dass seine geistigen Ergüsse in Form von Reviews und ähnlichem von gar nicht mal so wenigen Menschen gelesen werden. Auch das motiviert jeden Tag aufs neue, Alles zu geben!
 
UG: Hilf mir mal auf die Sprünge, wir kennen uns ja jetzt auch schon eine Weile, ich meine dich auf dem SB 2007 oder 2008 kennengelernt zu haben, wie genau war das nochmal?

Jan Rensmann: Ja, das war auf dem Summerbreeze 2008. Ich hatte mich Ende des Jahres 2007 bei so einer merkwürdigen Internetcommunity namens „Death Metal Victory“ angemeldet. Offenbar mochte man mich dort, denn als es an die Planungen für ein gemeinsames Camp auf dem anstehenden Summerbreeze ging wurde ich direkt wärmstens aufgenommen. Du billigtest mir sogar einen Zeltplatz direkt neben den Zelten des damaligen Oberkommandos zu. Der Rest verschwimmt ein wenig im Rausch des Alkohols, der großartigen Musik und des genialen Spaßes, aber es war wohl der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.


UG: Man sagt immer Metaller aus dem Pott wären eine ganz besondere Spezies. Siehst du Unterschiede in der Mentalität wenn du deine Leute z.B. mit uns im Süden vergleichst?

Jan Rensmann: Die Unterschiede sind zwar außerhalb des Metals deutlich größer, aber ja, auch innerhalb der Szene sind sie zu beobachten. Allerdings auf andere Art und Weise. Ich habe das Gefühl, dass der Underground bei Euch noch eine andere Bedeutung hat, als bei uns. Wir haben das Glück hier wirklich viele, mal mehr mal weniger, talentierte Bands zu haben unddamit auch eine Fülle von Veranstaltungen. Dazu kommt eine Vielzahl an Clubs und Konzertlocations, die auch große Bands anziehen. So kommt man durchaus in Spitzenzeiten auf 3-4 Konzerte an einem Wochenende im Umkreis von 50 Km. Wo viel Licht, da aber auch viel Schatten. Der Markt hier ist übersättigt, die Szene ist sehr müde geworden. Ich habe es Ende des letzten Jahres wieder erlebt, als wir im Abstand von zwei Wochen in der selbe Location spielten, einmal als Teil eines kleinen Undergroundkonzertes und einmal als Vorband von Debauchery. Ersteres kostete 5€, letzteres fand bei freiem Eintritt statt. Während die Undergroundveranstaltung nur wenig Besucher hatte, war es bei Debauchery überfüllt. Als Argument wird dann gerne das mangelnde Barvermögen angeführt. Merkwürdigerweise war dann aber bei freiem Eintritt ausreichend Geld vorhanden, um für 70€ Alkohol zu konsumieren. Was ich damit sagen möchte ist: In meinen Augen hat sie Szene das Interesse an ihren Bands verloren und interessiert sich überwiegend für die Partytauglichkeit einer Veranstaltung. Das hängt meines Erachtens nach mit der hohen Dichte an Veranstaltungen zusammen. Wo es aber weniger gibt, da ist auch mehr los, man weiß mehr zu schätzen, was man geboten bekommt. Ich glaube, dass bei Euch weitaus mehr auf „Value for Money“ geachtet wird. Korrigiere mich, wenn ich falsch liege.


UG: Wie definierst du für dich „Underground“ und wo siehst du dich bzw. deine Band darin?

Jan Rensmann: Gute und wichtige Frage. Ein Begriff, der besonders in den letzten Jahren viel zu inflationär genutzt wurde. Für mich definiert sich Underground vor allem durch Attitüde und Verhalten, von Fans für Fans. Eine Band zählt für mich nicht deshalb zum Underground weil sie klein ist und kein Geld mit ihrer Musik verdient. Ganz im Gegenteil. Auch eine Undergroundband muss von etwas leben und was das Einkommen aus der Musik reicht, ist das für mich kein Problem. Für mich ist vielmehr die Einstellung zur Musik und vor allem zur Szene zu hinterfragen: Wird genau diese Musik gemacht, weil man damit Geld verdienen kann, oder weil man hinter der Musik steht und sie liebt? Und muss die Platte wirklich 17€ kosten oder geht das nicht auf für 12€? Ein gutes Beispiel einer Band, die sich trotz ihrer Größe immer noch als Paradebeispiel einer Undergroundband zitieren lässt ist in meinen Augen Bolt Thrower. Sie dürften mittlerweile einen nicht gerade geringen Anteil ihres Einkommens aus der Band gewinnen. Und doch spielen sie ihre Konzerte zu Spottpreisen, achten genau darauf auf welchen Festivals sie spielen. Die Preise ihrer Platten sind knapp kalkuliert und um teure Zwischenhändler zu umgehen gibt es das Merchandise nur bei ihren Shows. Großartiges Konzept! Zum „Underground sein“ gehört für mich aber auch klar der aktive Support der Szene; die Anwesenheit auf Konzerten von kleinen Bands und das pushen der ebensolchen ist für mich essentiell. Du siehst, eine etwas diffuse Definition, weil es einfach ein sehr facettenreiches Thema ist. ErzfeinT sehe ich mitten in diesem diffusen Gebilde „Underground“. Wir sind weit davon entfernt, eine kommerzielle Band zu sein. Uns liegt sehr viel daran, für die Leute eine geile Show zu machen und hochwertige Musik zu produzieren. Diese sollte auch für alle zugänglich sein, darum entschieden wir uns bei unserem aktuellen Album auch gegen die Unterstützung durch ein Label. Diese unnötige Preistreiberei möchten wir nicht. Mich selber sehe ich noch viel weiter darin verwurzelt. Während ErzfeinT ja nun in der Position als Band für die Versorgung mit frischer Musik zuständig ist, ist es an mir als Person, mich um die anderen Belange zu kümmern: Das pushen kleiner, aber talentierter Bands, die es einfach verdient haben. Ein Grund für mich, mich hier auf Undergrounded dafür einzusetzen.

UG: Wie geht’s mit Erzfeint weiter und kann man mit einem Destroyers Unite Festival II rechnen?

Jan Rensmann: Wie es mit ErzfeinT weitergeht, wird die Zeit zeigen. Wir sind hochmotiviert, arbeiten gerade an neuen Shows und auch schon an neuem Material. Mangelnde Produktivität kann man uns derzeit nicht vorwerfen. Wir hoffen Live ab jetzt wesentlich präsenter zu sein. Und irgendwann wird es dann auch ein weiteres Album geben. Mit dem Destroyers Unite sieht das derzeit weniger klar aus. Das ganze ist ja auf dem Mist von unserem Trommler Dustin und mir gewachsen. Aus gegebenem Anlass liegt unser Fokus natürlich derzeit voll und ganz auf ErzfeinT. So ganz vergessen haben wir das Unterfangen aber natürlich nicht, es wird, vermutlich noch im Laufe des Jahres, auch wieder eine Veranstaltung unter dem D:U:F-Banner geben. Wie diese aber genau aussehen wird, dass vermag ich jetzt noch nicht zu sagen. Wir evaluieren derzeit verschiedene Möglichkeiten und vor allem deren Machbarkeit. Aber es wird etwas kommen, wir halten Euch auf dem Laufenden!

UG: Wie war es eigentlich mit Debauchery zu rocken? Bekommt man da auf der Bühne schon ein wenig „Star“-Feeling?

Jan Rensmann: Naja, „Star“-Feeling ist vielleicht etwas übertrieben, aber war definitiv was besonderes, Debauchery sind ja schon eine Hausnummer! Es war vor allem etwas neues, als Opener vor so vielen Leuten zu spielen. Wir hatten als erste Band schon mehr Leute vor der Bühne, als bei manch anderen Veranstaltungen zu späterer Uhrzeit. Dazu waren es überwiegend Zuschauer, die uns vorher noch nie gesehen hatten, die Musik von Debauchery ist ja rein stilistisch weniger unsere Baustelle. Nichts desto trotz gingen sie ab wies sonst was, das war schon ein geiles Gefühl! Im weiteren war es dann aber doch eine Show wie jede andere, wir geben jedes mal 110% auf der Bühne.

UG: Als Member des UG-Oberkommandos interessiert mich natürlich auch, was du für die Zukunft in deiner hohen Position innerhalb der Community geplant hast, schon irgendwelche konkreteren Pläne oder Ideen die du 2012 anpacken willst?

Jan Rensmann: Fernab davon, dass wir natürlich die Zusammenarbeit mit unseren Bands vertiefen müssen und auch in der Reviewabteilung gerne noch einen Zahn zulegen dürfen, erscheint es mir besonders wichtig, uns als Ansprechpartner Nummer eins zu positionieren, wenn es um Underground und Metal geht. Dazu müssen wir noch mehr wert darauf legen, aktuelle News von Undergroundbands zu veröffentlichen und vor allem auch den Eventbereich ausweiten. Einen ersten Schritt war die Kolumne „Die UG Event-Tipps zum Wochenende“, die diese Woche gestartet ist. Wir müssen aber vor allem unseren Kalender mit mehr Daten füttern und das Bundesweit. Dafür benötigen wir natürlich die allseits beliebten „Hinweise aus der Bevölkerung“. Ob Partytermine oder lohnenswerte Gigs, alles her zu uns!

UG: Wenn du Jan Rensmann vor der Gründung von Erzfeint mit dem heutigen Wissen treffen könntest, was würdest du ihm sagen?

Jan Rensmann: Dafür müssen wir erstmal annehmen, dass er Gründungsmitglied von ErzfeinT gewesen wäre. Aber Spaß bei Seite, ich würde ihm drei Dinge mit auf den Weg geben, die ich glaube ich jeder Band mit auf den Weg geben würde: Arbeitet hart, traut Euch zu experimentieren und lasst Euch auf keinen Fall durch irgendetwas oder von irgendwem von Euren Zielen abbringen! Das Musikgeschäft ist ein verdammt hartes und dreckiges, aber wenn man Mut, Durchhaltevermögen und auch den richtigen Spaß an der Sache hat, kann man eine verdammt geile Zeit haben!

UG: Danke fürs Interview!

Jan Rensmann: Ich habe zu danken!
 
Das Interview führten Grave von Undergrounded und Jan Rensmann - Gitarrist und Sänger von ErzfeinT. Mehr Infos zu ErzfeinT findet ihr unter: http://www.erzfeint.com/

Ghostwriter

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