wohl in einer anderen Dimension geworfen, gefressen, ausgekotzt, wieder zusammengesetzt und mit allen Drogen dieser Welt aufgepumpt, verwirrt und zerstört zurückgelassen wurde, dann, ja dann, hat Whiskey Ritual wohl ein neues Album auf den Markt gebrochen.
„Black Metal Ultras“ wird seinem Titel definitiv gerecht und reiht sich nahtlos in die Historie perfekter Releases ein. Es gibt wenige Bands, die es schaffen, ein ganzes Universum in so kurzer Zeit und neun Tracks zu verpacken und die räudige Punk-Attitüde mit hartem Oldschool-Black und Rock'n'Roll zu einer derart tödlichen Melange zu vermengen. Man mag bei wirklich jedem Song einfach aufstehen, mitgröhlen und zusammen mit Sänger Dorian und seinen Mannen in gewalttätiger Entzückung Bühnen und Venues abreißen, Bierflaschen an die Wand werfen, toxische Substanzen konsumieren und sich in der unglaublichen Geschwindigkeit der Songs verlieren. „Unglaubliche Geschwindigkeit“ ist dann wohl auch das Whiskey-Rituelle-Italienische-Paradox, das besagt, dass selbst die wenigen Midtemposongs „Prestissimo“ anmuten.
Als Hörer wird man von einem Erregungszustand in den nächsten geworfen, wenn beispielsweise eher bierseelig-melancholische Töne bei "Knockout" angestimmt werden, während schon bei „Death By Limo“ direkt wieder wütend-aggressive Tunes zum kompletten Ausrasten animieren. Wieder fleisch- und kotgewordener GG Allins trifft dabei auf einen längst verrottenden Sid Vicious, welcher seinerseits auf die alptraumhafte Vision eines 1991 in Leipzig auftretenden Yngve Ohlin prallt. Was ich versuche in Worte zu fassen: Black'n'Roll, wenn er (wie in diesem Fall) handwerklich perfekt inszeniert wird, funktioniert einfach. Wer in seiner Jugend mal eine Punk-Phase hatte und sich dann (zu Recht) irgendwann dem Black Metal zugewandt hat, versteht schnell, warum dieses Subgenre Sinn macht und warum als Outro ein Turbonegro- Cover von "Denim Demon" mehr als passend erscheinen muss. Die Lust an der (Selbst-)Zerstörung, gepaart mit dem Lechzen nach roher und unnötiger Gewalt, sowie einer gescreamt/gegrowlten Absage an die Gesellschaft dürften sowohl dem inneren Kind als auch dem gefestigten Erwachsenen aus der Seele sprechen. Dabei wird Whiskey Ritual, erneut und fast schon spielerisch, dem eigenen Anspruch gerecht, Selbstzerstörung musikalischer Art als neue/alte Kunstform zu festigen und das Ganze mit dem perfekten Soundtrack zu untermalen.
Wer Whiskey Ritual als eingefleischter Fan schon mal live erlebt hat und sich das neue Album zu Gemüte führt, ist bei jedem Takt in Gedanken sofort auf einem Gig und kommt nicht umhin permanent die Fäuste zu recken, auszuspucken oder die gerade anwesenden Mitmenschen zu schütteln und anzupogen. In diesem Sinne bleibt mir nur zu sagen: „Molto ben fatto, il tuo bradipo si muove molto velocemente e voglio baciare l'asfalto“ – Wir sehen uns hoffentlich bald live!
Trackliste:
01 Black Metal Ultras
02 In the Army of Hell
03 Knockout
04 Death comes by Limo
05 666 Problems
06 Streets & Liers
07 Die Hard
08 Manifesto
09 Denim Demon (Turbonegro cover)
Bewertung:
11 von 10 Punkten