Welchen Wandel man dabei vollzogen hat, lässt sich sehr leicht beim Vergleich mit "Old Man's Wyntar" von 2014 feststellen. Letzteres war roher, räudiger und teilweise überladener Atmospheric Black Metal, während das neue Werk (fast vollständig) andere Ufer beschreitet. Kopf und Geist der Band, Martin van Valkenstijn, hat sich mit dem neuen Werk noch mehr der Thematisierung und Neuinterpretation thüringischer Folklore verschrieben und erschafft Klangwelten durch das virtuose Zusammenspiel von Percussion- und Synthesizer-Effekten, gesprochenen Textpassagen und einer Vielzahl an klassischen und modernen Instrumenten. Man kann "Secret Ambrosian Fire" durchaus als ein Solo-Album bezeichnen, allerdings liest sich die Liste der unterstützenden Künstler lang und nicht minder illuster. So sind nicht nur Teile der Familie, sondern auch Freunde der Band wie beispielsweise R. (Apoptose), Erik Gärdefors (Grift), Sean Kratz (Osi and the Jupiter) oder Corvin (Nihil Nihil) involviert. Interessant dürfte an der Stelle auch sein, dass die Scheibe schon über fünf Jahre auf dem Buckel hat, selbst aufgenommen wurde und in der Klangschmiede Studio E von Markus Stock (Empyrium, Sun of the Sleepless) abgemischt wurde.
Den Bandnamen scheint man mit diesem Album neu definieren zu wollen, denn die Kompositionen folgen stets unterschiedlichen Herangehensweisen und erscheinen variantenreich. Man springt zwischen Englisch-sprachigen und Deutsch-sprachigen Stücken hin und her und mal kommt eine gewalttätige, atmosphärisch dichte Black Metal-Keule wie im grandiosen Track „Cloven Fires“, der nahtlos von „Brimstone Blossoms“ eingeleitet wird – mal in einem sehr melodisch-tiefgängigen Track wie „Wetterdistel“, der einen entfernt an Forndom, Wardruna oder anderen Ritualistic/Dark Ambient-Bands erinnern mag. Dieser Mix funktioniert sehr gut und dürfte BM- wie auch Dark Ambient-Fans gleichermaßen versöhnen. Als absoluter Lieblingstrack versteckt sich fast am Ende mit dem Titel „Im Kohlesud“ ein Song, der sich gleichsam mit dem Holzhammer und mit einem monotonen Synthie-Thema wie ein dichter Mantel ums Herz legt. Mit „Mosaik“, einem treibenden Dark Wave-Bombast Stück, bietet die CD-Fassung neben den zusätzlichen Ambient Einleitungen für jedes Stück ein weiteres Schmankerl und damit endet ein erneut grandioses Werk vom Künstlerkollektiv um Martin van Valkenstijn.
Nach eigener Lesart will Mosaic bzw. Martin „nicht aufgesetzt pseudo-altbacken, oder klischeebehaftet daherkommen, sondern einfach eine moderne Aufbereitung alter Quellen bzw. deren moderne Interpretation" sein. "Allerdings ohne dabei behaupten zu wollen: 'Das ist die Wahrheit'. Sondern das ist meine Wahrheit und wie ich sie verstehe."
Wer sich mit der thüringischen Szene und vor allem den Events von Mosaic und dem House of Inkantation-Kollektiv und deren Aktivitäten auseinandergesetzt hat, weiß, dass dies keine Lippenbekenntnisse sind. Dies macht auch den neuen Mosaic-Output glaubwürdig und ehrlich zugleich und hilft dabei die gar eigenwilligen Tracks besser zu verordnen und verstehen zu können. Nachdem dies ausgesprochen ist, sei noch gesagt, dass auch "Secret Ambrosian Fire", wie schon andere Werke Mosaics, keine Scheibe für ein Nebenbei-„easy listening" geworden ist. Es bedarf an dieser Stelle Ruhe und Zeit, um das Werk in seiner Vielschichtigkeit zu durchleben.
Trackliste:
01 Am Teufelsacker
02 Brimstone Blossoms
03 Cloven Fires
04 She-Water
05 Ambrosia XIX
06 Wetterdistel
07 Coal Black Salt
08 The Devil's Place
09 Im Kohlensud
10 Mosaik [Bonustrack CD]
Bewertung:
9.5 von 10 Punkten