"Klein, aber Oho", so dürfte der erste Eindruck für die Besucher des Trauma ausgefallen sein, wenn man die Location betrat - und damit wäre dann auch alles im positivsten Sinne gesagt. Barhocker, Platz für Merch, günstige Getränke und -ganz wichtig- Gebäude und Freigelände haben genug Abstand zu den Mainstream-Anwohnern – Null Ärger vorprogrammiert, also alle Voraussetzungen für Underground-Events gegeben. Natürlich ging das Spektakel mit der akademischen Viertelstunde später los. Bei lediglich zwei Bands und genug Zeit nach hinten raus stellte das aber kein Problem dar. Schon beim Soundcheck war zu hören, dass der Abend laut würde. Schließlich war der Erste Weltkrieg, den sich beide Bands des Abends als Setting ausgesucht haben, auch keine wirklich gehörfreundliche Unternehmung.
Passend dazu schossen Kriegszittern aus Mühlheim/Ruhr von Anfang an aus allen Rohren. Stef an der zweiten Gitarre fehlte beim Marburger Gig leider - das war allerdings in keiner Salve zu spüren. Auch als Trio wurde ein Trommelfeuer nach dem anderen abgegeben. Eddi schrubbte seinen 6-Saiter, als gäb's keinen Morgen mehr und growlte sich die Seele aus dem Leib. Die Death Metal-Artillere aus dem Ruhrgebiet durfte erst 2018 das Release ihres Debüts "Yellow Cross" feiern und hatte bereits 2017 mit ihren Mitstreitern Minenfeld eine Split-Kassette veröffentlicht. Kein Wunder, dass Songs beider Tonträger kredenzt wurden und dieses Band-Duo hier wieder zusammenfand. Faxe an den Drums war für permanentes Sperrfeuer verantwortlich, welches Band und Publikum ein ums andere Mal die Haare kreisen ließ, während Fapp seinen Bass quasi als Rhythmusgitarre spielte und den rau-brachialen Todesblei-Sound abrundete. Was für eine 45-Minuten-Schlacht, mit vier neuen Titeln im Set. Da braut sich definitiv ein starker, neuer Tonträger zusammen!
Nach angemessener Umbaupause verdunkelte sich das Licht noch mehr auf der Bühne, als Minenfeld ihr Intro anstimmten. Durchbrochen wurde das Setting dann von Frontmann L.: "Wir sind Minenfeld aus Osnabrück und mehr Ansage gibt es heute nicht". Sagt's und bläst zum Sturm, indem der erste Song (wie auch alle anderen) mit einem alten Weltkriegsschlager vom Band eingeleitet wurde. Erwartet, aber doch überraschend niederwalzend knallte der erste Feuerüberfall mitten im Schunkeln um die Ohren. Dass Bolt Thrower zu den Helden des Vierers zählen, ließ sich wohl kaum leugnen. Abklatsch? Weit gefehlt! Lediglich zur Inspiration, was den Sound angeht, werden die kultigen Briten bei Minenfeld zitiert. Die Band stürmte alle Fronten mit ihrem War-Death Metal par excellence und weit ab von Kindergeburtstag. Mit der Flying V gab Gitarrist T. nach allen Regeln der Kriegskunst sein Bestes, um die Köpfe der Besucher durch den Saal zu blasen. Basser M. verstand sich glänzend auf die tiefsten Töne, welche den Zivilisten wie Bombenhagel durch die Gehörgänge donnerten. Hendrik dreschte ersatzweise auf die Trommeln des Todes ein, da Drummer F. im Lazarett ausharren musste. Nach ca. 60 Minuten war klar, dass keine Gefangenen gemacht werden sollten. Dabei präsentierte die Band ihr neues, erst im April erschienenes Album "The Great Adventure" - was für eine Platte!
Die wenigen Überlebenden trauten sich wieder vorsichtig aus dem bloß zu ca. einem Drittel gefüllten, nun symbolisch zerschossenen Haus. Einige Helden stießen mit ihren Freunden auf die glorreiche Zeit an, diskutierten über zukünftige Schlachtpläne oder hielten einfach nur freudig die wiedergefundene Frau im Arm. Wir beenden unsere Berichterstattung mit dem Spruch des englischen Philosophen Thomas Hobbes (aus "Bellum omnium contra omnes"), welcher einem Minenfeld-Song den Titel gab. Darin heißt es in formschönem Latein: "Status hominum naturalis antequam in societatem coiretur bellum fuerit; neque hoc simpliciter, sed bellum omnium contra omnes." Zu Deutsch: "Der Naturzustand der Menschen, bevor man sich zur Gesellschaft vereinigte, war Krieg; und dieser nicht in gewöhnlicher Weise, sondern als Krieg aller gegen alle."
Photos by geordie
Café Trauma im G-Werk
Afföllerwiesen 3a, 35039 Marburg
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Ein paar Live-Eindrücke vom Konzert:
Minenfeld - Youtube
Kriegszittern - Youtube
Sorry für die fragwürdige Soundqualität - aber so ist das nun mal mit Tod und Krieg!