Wo ist also der Haken an der Sache? Dort, wo die Musik selbigen schlägt und von der Route 66 abbiegt, um bei einem Südstaaten-Volksfest im gelben Anzug Songs für regressive Mitvierziger zu spielen, die damals zu Ted Nugent ihre Jungfräulichkeit verloren haben und dies auf genanntem Volksfest wieder aufleben lassen wollen, aber mittlerweile eigentlich Pop hören. Hier werden teilweise Klischees so sehr auf Massengeschmack poliert, dass sich zum obligatorischen sympathischen Fremdscham ein gewisser, der Sache nicht dienlicher, Ekel gesellt. Das Album ist so anbiedernd schleimig, dass es selbst darauf ausrutscht.
Und das obwohl, oder gerade weil, es eigentlich alles richtig macht. Es ist nie zu aufregend aber auch nie zu platt, um die Zielgruppe auf die eine oder andere Weise abzuschrecken und wurde von Leuten geschaffen, die ganz offenbar wissen, was sie tun. Solide bis gute Riffs in effektive Arrangements und Songs gepackt mit einer schönen Produktion und grenzwertigen Texten, in denen der Sänger so fixiert darauf ist, seine Angebetete Baby zu nennen, dass Freud fragwürdige Neigungen unterstellen würde. Also wurde eigentlich fast alles, was man sich von einer Rockscheibe dieser Art erhoffen kann, hier umgesetzt und doch ist das Endprodukt fast ganz und gar unerträglich. Wobei es traurigerweise mit "Shapes", das mit runden Riffs und ungewöhnlichen Strukturen glänzt, sehr vielversprechend beginnt. Auch "Rock All Day" wäre ohne den Chorus ein sehr angenehmes Stück Musik, mit seinem beinahe epischen Intro und der wahnsinnig gut inszenierten Verse, und selbiges lässt sich auch über "Gotta Keep on Movin'" sagen, das als netter Up-Temporock mit chuggigen Gitarren daherkommt, denn auch hier trieft der Chorus so sehr, dass Nickelback neidisch wäre. Allerdings wird bereits beim zweiten Song "Tender is the Night" klar, woran man wirklich ist. Der Song ist generischer Schmuserock, der durch absolut übermäßigen Streichereinsatz gewaltsam in Kitsch ertränkt wird.
Es ist ein Album, das zu bewerten schwierig ist, da es in fast allem, was es zu sein strebt, erfolgreich ist, aber mir trotzdem sehr sauer aufstößt. Ich rette mich aus diesem Dilemma mit der Berufung darauf, dass wir uns hier auf Undergrounded befinden und das ein wenig in die Perspektive bei der Bewertung einfließen sollte. Das Album ist nicht Underground, sondern Antirock, denn abgesehen von den zelebrierten Klischees hat es nicht viel mit dem Gedanken, der Attitüde oder der Ästhetik des Rocks zu tun. Bitte nicht mehr davon. Danke.
Trackliste:
1 Shapes
2 Tender Is the Night
3 Rock All Day
4 Hot for You
5 Hell Is on Fire
6 Catch My Fall
7 Shake It
8 Gotta Keep on Movin'
9 Flood of Lies
Bewertung:
Keine Wertung